Wahl zur BGH-Anwaltschaft – Ein Verfahren mit grundsätzlicher Bedeutung
Das Zulassungsverfahren zur Anwaltschaft beim Bundesgerichtshof (BGH) gehört zu den herausragenden Auswahlprozessen der deutschen Justiz. Wer vor dem höchsten deutschen Zivilgericht (in bestimmten Verfahrensarten) als Anwalt auftreten darf, entscheidet sich in einem Verfahren, das von höchster rechtlicher und berufsständischer Relevanz ist. Doch wie transparent und nachvollziehbar ist dieses Verfahren wirklich? Welche rechtlichen Maßstäbe sind anzulegen und wie steht es um die Rechte der Bewerber?
Der aktuelle Wahldurchgang für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte beim BGH wirft genau diese Fragen auf – und sie betreffen nicht nur den Einzelfall, sondern das System als Ganzes. Die Rechtsprechung zu diesen Themen hat weitreichende Auswirkungen auf den Zugang zum BGH und damit auf die gesamte Anwaltschaft und – noch wichtiger – auf deren Mandanten. Es geht um nicht weniger als die Grundsätze der Chancengleichheit, Objektivität und Nachvollziehbarkeit im Auswahlprozess. Und im Ergebnis um die Sicherung der Qualität höchstrichterlicher Rechtsfindung und Rechtsfortbildung. Anders gewendet: um den Rechtsstaat.
Hier wollen wir die Hintergründe des Verfahrens beleuchten, juristische Fragestellungen herausarbeiten und aktuelle Entwicklungen dokumentieren – sachlich, transparent und mit dem Blick für das größere Ganze. Möglich wird das bislang nur an dieser Stelle. Prof. Dr. Volker Römermann, der schon an den beiden vorausgegangenen Wahldurchgängen als anwaltlicher Vertreter eines unterlegenen Kandidaten und sodann als Kandidat und zugleich Prozesspartei beteiligt war, bietet durch Offenlegung der Dokumente des laufenden Verfahrens einen Einblick, der es jedem Betrachter ermöglicht, ein eigenes Urteil zu fällen.
Bewerbung um die Aufnahme in die Liste der Kandidaten für eine Zulassung als Rechtsanwalt beim BGH
Die Bewerber werden – in der Regel nach Prüfung der Unterlagen auf Eignung und Befähigung – zunächst auf die Auswahlliste der jeweiligen örtlichen Rechtsanwaltskammer gesetzt (im Fall Römermann: der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Hamburg), sodann auf die Liste der Bundesrechtsanwaltskammer. Die Bewerbung von Prof. Dr. Römermann finden Sie hier:
Ablehnung der Bewerbung vom 18. November 2024
Die Bewerbung von Prof. Dr. Römermann wurde am 18. November 2024 abgelehnt.
Antrag auf Akteneinsicht in die Akten des Wahlausschusses und bitte um Mitteilung einer Begründung für die Ablehnung der Kandidatur
Der Kandidat Prof. Dr. Römermann fand sich nicht auf der Vorschlagsliste des Wahlausschusses. Er beantragte Akteneinsicht.
Gewährung partieller Akteneinsicht vom 21. November 2024
Er erhielt daraufhin eine Abschrift seiner eigenen Unterlagen, zweier Protokolle und die berichtenden Teile der Gutachten – das sind reine Tatsachendarstellungen ohne jede Wertung; die votierenden Teile der Gutachten wurden nicht zugänglich gemacht.
Niederschrift über die vorbereitende Sitzung des Wahlausschusses für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof am 29. April 2024
Die vorbereitende Sitzung des Wahlausschusses fand am 29. April 2024 statt. Dort fand u.a. die Zuteilung der Berichterstatter zu den Bewerbern statt.
Niederschrift über die Sitzung des Wahlausschusses für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof am 17. November 2024
Die entscheidende Sitzung des Wahlausschusses fand am 17.11.2024 statt. Das Protokoll dieser Sitzung finden Sie hier:
Teil A, berichtender Teil gem. § 167a Abs. 2 BRAO der Voten der Berichterstatter
Stellungnahme auf die gewährte partielle Akteneinsicht
Prof. Dr. Römermann nahm daraufhin Stellung zur faktischen Verweigerung der Akteneinsicht. Ohne Akteneinsicht kann die Rechtmäßigkeit einer Wahl nicht überprüft werden. Die umfassende Akteneinsicht ist daher ein rechtsstaatliches Gebot.
Ablehnung der vollständigen Akteneinsicht vom 16. Dezember 2024
Der Antrag auf vollständige Akteneinsicht wurde abgelehnt.
Klageschrift zum Verwaltungsgericht Karlsruhe vom 18. Dezember 2024
Daraufhin erhob Prof. Dr. Römermann Klage, die sich insbesondere gegen die faktische Ablehnung der Akteneinsicht richtete.
Die Klage wurde beim Verwaltungsgericht Karlsruhe eingereicht, und zwar – wie im Detail in der Klageschrift nachzulesen ist – aus zwei Gründen:
- Die BRAO sieht für die hier relevante Konstellation keine andere Zuständigkeit als die des Verwaltungsgerichts vor. Zwar hätte eine solche Zuständigkeit wohl der Intention der Verfasser im Bundesjustizministerium entsprochen. Das Gesetz sagt aber etwas anderes.
- Eine Zuständigkeit des BGH für die Anfechtung einer Entscheidung des Wahlausschusses unter Leitung seiner Präsidentin und in Personalunion der Senatsvorsitzenden des zuständigen Anwaltssenats des BGH würde die abstrakte Gefahr der Befangenheit begründen. Die Richter wären auf der Beklagtenseite ihrer Präsidentin und ihren Senatsvorsitzenden ausgesetzt. Ein faires Verfahren ist in dieser Konstellation von vornherein nicht gewährleistet.
Stellungnahme Gegenseite
Mit Stellungnahme vom 12. Februar 2025 hat der Generalsbundesanwalt beim Bundesgerichtshof angezeigt, den beklagten Wahlausschuss zu vertreten. Den Schriftsatz dazu finden Sie hier: