Das Wichtigste im Überblick
- Das Insolvenzverfahren einer GmbH folgt einem strukturierten Ablauf von der Antragstellung bis zur Löschung der Gesellschaft
- Geschäftsführer sind zur rechtzeitigen Antragstellung verpflichtet und haften bei Verzögerungen persönlich
- Sowohl Regel- als auch Eigenverwaltungsverfahren bieten unterschiedliche Sanierungschancen
Grundlagen des GmbH-Insolvenzverfahrens
Das Insolvenzverfahren einer GmbH wird durch die Insolvenzordnung (InsO) geregelt und unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von der Privatinsolvenz natürlicher Personen. Als juristische Person unterliegt die GmbH besonderen Regelungen, die sowohl das Verfahren selbst als auch die Rechte und Pflichten der Beteiligten betreffen.
Der Zweck des Insolvenzverfahrens besteht darin, die Gläubiger einer insolventen GmbH gemeinschaftlich zu befriedigen. Dies geschieht entweder durch Verwertung des Gesellschaftsvermögens und gleichmäßige Verteilung des Erlöses oder durch einen Insolvenzplan, der den Erhalt des Unternehmens ermöglicht.
Insolvenzgründe bei der GmbH
Eine GmbH kann aus drei verschiedenen Gründen in die Insolvenz geraten. Die Zahlungsunfähigkeit tritt ein, wenn die Gesellschaft nicht mehr in der Lage ist, ihre fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dabei handelt es sich um den häufigsten Insolvenzgrund in der Praxis.
Die Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen der GmbH die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich (§ 19 Abs. 2 InsO). In diesem Fall ist eine Überschuldungsbilanz zu erstellen, die sowohl die Vermögenswerte als auch die Verbindlichkeiten unter Berücksichtigung der Fortführungswerte und nicht nur der Liquidationswerte bewertet.
Als dritter Grund kann die drohende Zahlungsunfähigkeit gelten, wenn die GmbH voraussichtlich nicht imstande sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu erfüllen. Dieser Grund berechtigt nur zu einem Eigenantrag, nicht aber zu einem Gläubigerantrag.
Antragstellung und Antragsberechtigte
Die Antragstellung erfolgt beim zuständigen Amtsgericht, in dessen Bezirk die GmbH ihren Sitz hat. Antragsberechtigt sind grundsätzlich die Geschäftsführer der GmbH, die Gesellschafter sowie die Gläubiger der Gesellschaft.
Für Geschäftsführer besteht eine besondere Antragspflicht. Bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung müssen sie den Insolvenzantrag unverzüglich, spätestens jedoch drei Wochen nach Eintritt des Insolvenzgrundes stellen (§ 15a InsO). Bei Verletzung dieser Pflicht können persönliche Haftungsrisiken nach § 64 GmbHG (für nach Eintritt der Insolvenzreife begründete Verbindlichkeiten) oder sogar strafrechtliche Konsequenzen nach § 283 StGB (Insolvenzverschleppung) drohen.
Gläubiger können einen Antrag stellen, müssen jedoch ihr Forderungsrecht und den Insolvenzgrund glaubhaft machen. Der Antrag sollte substantiiert und gut begründet sein, da andernfalls die Kosten des Verfahrens dem Antragsteller auferlegt werden können.
Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Nach Eingang des Antrags prüft das Insolvenzgericht zunächst, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt und ausreichend Masse vorhanden ist, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Ist dies nicht der Fall, wird das Verfahren mangels Masse abgewiesen.
Bei ausreichender Masse bestellt das Gericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter und erlässt in der Regel ein allgemeines Verfügungsverbot über das Gesellschaftsvermögen. Die Geschäftsführung der GmbH ist ab diesem Zeitpunkt in ihren Handlungsmöglichkeiten stark eingeschränkt.
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt durch entsprechenden Gerichtsbeschluss, der öffentlich bekanntgemacht wird. Mit der Eröffnung geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Gesellschaftsvermögen auf den Insolvenzverwalter über.
Verfahrensablauf im Regelinsolvenzverfahren
Nach der Eröffnung beginnt die Verwertungsphase, in der der Insolvenzverwalter das Gesellschaftsvermögen erfasst und bewertet. Gleichzeitig werden die Gläubiger zur Anmeldung ihrer Forderungen aufgefordert. Diese Anmeldung muss schriftlich beim Insolvenzverwalter erfolgen und die Forderung sowie deren Grund angeben.
Der Insolvenzverwalter prüft die angemeldeten Forderungen und erstellt eine Gläubigerliste. Streitige Forderungen können in einem gesonderten Verfahren geklärt werden. Parallel dazu verkauft der Verwalter das Gesellschaftsvermögen, wobei er dabei den bestmöglichen Erlös anstrebt.
Die Gläubigerversammlung ist ein zentrales Organ des Insolvenzverfahrens. Sie entscheidet über wichtige Angelegenheiten wie die Person des Insolvenzverwalters, die Verwertung des Vermögens oder einen möglichen Insolvenzplan. Die Beschlüsse werden nach Kopf- und Summenmehrheit gefasst.
Eigenverwaltung als Alternative
Als Alternative zum Regelverfahren kann das Gericht auf Antrag eine Eigenverwaltung anordnen. Dabei verbleibt die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bei der Geschäftsführung der GmbH, die das Verfahren unter Aufsicht eines Sachwalters durchführt.
Die Eigenverwaltung bietet bessere Sanierungschancen, da die Geschäftsführung ihre Branchenkenntnisse und bestehenden Geschäftsbeziehungen nutzen kann. Voraussetzung ist jedoch, dass die Eigenverwaltung den Gläubigerinteressen nicht widerspricht und die Geschäftsführung über die erforderliche Qualifikation verfügt.
Insolvenzplan als Sanierungsinstrument
Ein Insolvenzplan ermöglicht eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Abwicklung des Insolvenzverfahrens. Er kann sowohl die Verwertung des Schuldnervermögens als auch die Befriedigung der Gläubiger regeln und dabei innovative Lösungen vorsehen.
Der darstellende Teil des Insolvenzplans beschreibt die Ausgangslage und die geplanten Maßnahmen. Der gestaltende Teil enthält die konkreten Regelungen zur Behandlung der Gläubigerforderungen und der Gesellschafterrechte. Häufig werden dabei Forderungen gestundet, erlassen oder in Eigenkapital umgewandelt.
Für die Annahme des Insolvenzplans ist die Zustimmung der Gläubigerversammlung erforderlich. Dabei müssen sowohl die Kopf- als auch die Summenmehrheit in jeder Gläubigergruppe erreicht werden. Das Gericht bestätigt den Plan, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.
Beendigung des Insolvenzverfahrens
Das Insolvenzverfahren wird durch Beschluss des Insolvenzgerichts aufgehoben, wenn der Zweck des Verfahrens erfüllt ist. Dies ist der Fall, wenn alle Gläubiger befriedigt oder ein Insolvenzplan erfüllt wurde.
Häufiger ist die Einstellung des Verfahrens mangels Masse, wenn das verwertbare Vermögen nicht ausreicht, um die Verfahrenskosten zu decken. In diesem Fall werden die Verfahrenskosten aus der Staatskasse vorfinanziert, soweit möglich.
Nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ist die GmbH aufzulösen und zu löschen. Die Löschung erfolgt von Amts wegen durch das Registergericht, wenn die Gesellschaft kein Vermögen mehr besitzt.
Folgen für Geschäftsführer und Gesellschafter
Für Geschäftsführer ergeben sich aus dem Insolvenzverfahren verschiedene Haftungsrisiken. Bei verspäteter Antragstellung haften sie für alle Verbindlichkeiten, die nach Eintritt der Antragspflicht begründet wurden. Auch bei Insolvenzverschleppung können Schadensersatzansprüche entstehen.
Die Gesellschafter verlieren ihre Anteile an der GmbH in der Regel vollständig. Nachschusspflichten können jedoch bestehen bleiben, wenn sie nicht vollständig eingezahlt wurden. In besonderen Fällen können auch Gesellschafter für existenzvernichtende Eingriffe haftbar gemacht werden.
Präventive Maßnahmen und Krisenfrüherkennung
Die frühzeitige Erkennung einer Unternehmenskrise ist entscheidend für die Handlungsoptionen. Regelmäßige Liquiditätsplanungen, Überwachung der Kennzahlen und professionelle Beratung können helfen, rechtzeitig Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
Bei ersten Anzeichen einer Krise sollten Unternehmen nicht zögern, externe Beratung in Anspruch zu nehmen. Die Römermann Rechtsanwälte AG bietet umfassende Beratung in Krisensituationen und kann gemeinsam mit dem Mandanten Lösungsstrategien entwickeln.
Sanierungsmaßnahmen können von der Umschuldung über die Einführung neuer Gesellschafter bis hin zur Ausgliederung profitabler Unternehmensteile reichen. Wichtig ist dabei, dass alle Maßnahmen rechtzeitig und in Abstimmung mit den Gläubigern erfolgen.
Checkliste für Geschäftsführer bei drohender Insolvenz
- Regelmäßige Überwachung der Liquiditätslage und Zahlungsfähigkeit
- Sofortige Prüfung bei ersten Anzeichen einer Krise
- Dokumentation aller Maßnahmen zur Krisenbewältigung
- Rechtzeitige Einschaltung von Rechtsberatern und Sanierungsexperten
- Prüfung der Voraussetzungen für eine Eigenverwaltung
- Vorbereitung aller notwendigen Unterlagen für das Insolvenzverfahren
- Information der Gesellschafter über die Situation
- Sicherung wichtiger Geschäftsunterlagen und Verträge
- Prüfung von Sanierungsalternativen außerhalb der Insolvenz
- Beachtung aller gesetzlichen Antrags- und Meldefristen
Aktuelle Entwicklungen im Insolvenzrecht
Das Insolvenzrecht unterliegt einem stetigen Wandel, der durch wirtschaftliche Entwicklungen und gesetzgeberische Reformen geprägt ist. Insbesondere die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben zu temporären Änderungen geführt, die teilweise wieder aufgehoben wurden.
Das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) hat neue Instrumente der Unternehmenssanierung geschaffen, wie z.B. das Restrukturierungsverfahren mit einem Restrukturierungsplan, die bereits vor einer Insolvenz greifen können, um Unternehmen in Krisensituationen zu stabilisieren und zu restrukturieren.
Die Digitalisierung hält auch im Insolvenzrecht Einzug. Elektronische Aktenführung, digitale Gläubigerversammlungen und Online-Forderungsanmeldungen werden zunehmend etabliert und können die Verfahren beschleunigen.
Dauer des GmbH-Insolvenzverfahrens
Die Dauer des GmbH-Insolvenzverfahrens kann stark variieren, abhängig von der Komplexität des Falls, der Anzahl der Gläubiger und der Effizienz des Verfahrensablaufs. Während einfache Verfahren innerhalb von etwa einem Jahr abgeschlossen sein können, können komplexere Fälle durchaus länger, in einigen Fällen auch über drei Jahre, in Anspruch nehmen.