Das Wichtigste im Überblick
- Schadensersatzansprüche gegen Steuerberater verjähren in der Regel nach drei Jahren ab Kenntnis des Schadens
- Durch eine sorgfältige Prüfung des Verjährungsbeginns und mögliche Hemmungstatbestände können auch vermeintlich verjährte Ansprüche oft noch durchgesetzt werden
- Eine frühzeitige fachanwaltliche Beratung ist entscheidend, um die komplexen Verjährungsregelungen richtig einzuordnen und berechtigte Ansprüche nicht zu verlieren
Sie haben festgestellt, dass Ihr Steuerberater möglicherweise einen Fehler gemacht hat, der zu einem finanziellen Schaden geführt hat? Vielleicht wurde dieser Fehler erst Jahre später im Rahmen einer Betriebsprüfung oder durch einen unerwarteten Steuerbescheid mit hohen Nachzahlungen sichtbar? In solchen Situationen stellt sich häufig die entscheidende Frage: Ist mein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Steuerberater bereits verjährt oder kann ich den erlittenen Schaden noch geltend machen?
Die Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen Steuerberater ist ein komplexes rechtliches Thema, bei dem viele Faktoren zu berücksichtigen sind. In diesem Artikel erfahren Sie alles Wichtige über die maßgeblichen Fristen, deren Berechnung und die Möglichkeiten, eine drohende Verjährung abzuwenden. Die Kanzlei Römermann zählt zu den führenden Experten für Steuerberaterhaftung, mit nachweislichen Erfolgen bei der Durchsetzung vermeintlich verjährter Ansprüche.
Wann verjähren Schadensersatzansprüche gegen Steuerberater?
Bei der Frage nach der Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen Steuerberater müssen zunächst die gesetzlichen Grundlagen betrachtet werden. Für die Verjährung solcher Ansprüche gelten mehrere Regelungen:
Die regelmäßige Verjährungsfrist nach § 195 BGB
Nach § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre. Diese Frist beginnt gemäß § 199 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem:
- der Anspruch entstanden ist und
- der Mandant von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.
Beispiel: Entdeckt ein Mandant im Mai 2024, dass sein Steuerberater bei der Steuererklärung 2021 einen Fehler gemacht hat, der zu einer Nachzahlung führt, beginnt die Verjährungsfrist am 31.12.2024 und endet am 31.12.2027.
Die absolute Verjährungsfrist
Unabhängig von Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis verjähren Schadensersatzansprüche gegen Steuerberater spätestens nach zehn Jahren von ihrer Entstehung an. In besonderen Fällen, etwa bei vorsätzlichen Pflichtverletzungen, kann gemäß § 199 Abs. 3 BGB eine Verjährungsfrist von 30 Jahren gelten.
Besonderheiten bei Steuerberatern nach § 68 StBerG
Eine wichtige Besonderheit bestand früher im Steuerberatungsgesetz: Nach dem ehemaligen § 68 StBerG galt für vertragliche Schadensersatzansprüche gegen Steuerberater eine verkürzte Verjährungsfrist, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt waren. Diese spezielle Regelung wurde jedoch im Jahr 2004 aufgehoben.
Heute gilt:
- Schadensersatzansprüche gegen Steuerberater unterliegen der regulären Verjährung nach §§ 195, 199 BGB.
- Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre, beginnt aber erst mit Kenntnis des Mandanten von der Pflichtverletzung und der Person des Schädigers.
- Für Altfälle (Ansprüche entstanden vor dem 15.12.2004) kann unter Umständen noch die alte Regelung relevant sein.
Diese aktuellen Regelungen müssen im Einzelfall genau geprüft werden, da sie sich wesentlich von der früheren Sonderregelung unterscheiden und in der Praxis oft zu längeren Verjährungsfristen führen können.
Wie kann die Verjährung gehemmt oder neu gestartet werden?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine drohende Verjährung zu verhindern oder hinauszuzögern:
Hemmung durch Verhandlungen
Nach § 203 BGB wird die Verjährung gehemmt, wenn zwischen den Parteien Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände schweben. Der BGH hat präzisiert, wann Verhandlungen in diesem Sinne vorliegen:
- Ein bloßes Gespräch oder eine einzelne Anfrage reicht noch nicht aus
- Es müssen konkrete Verhandlungen über den Anspruch geführt werden
- Der Mandant muss deutlich machen, dass er einen Schadensersatzanspruch geltend machen will
Die Hemmung endet, wenn eine Partei die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Nach Ende der Hemmung verbleibt dem Anspruchsteller noch eine Frist von drei Monaten, wenn die Verjährung sonst in kürzerer Zeit eintreten würde.
Hemmung durch Rechtsverfolgung
Die Verjährung wird auch durch verschiedene Maßnahmen der Rechtsverfolgung gehemmt, wie:
- Erhebung einer Klage
- Zustellung eines Mahnbescheids
- Beantragung eines Schlichtungsverfahrens vor der Steuerberaterkammer
Verjährungsverzicht
Eine praktische Möglichkeit zur Vermeidung der Verjährung ist die Vereinbarung eines Verjährungsverzichts mit dem Steuerberater oder dessen Berufshaftpflichtversicherung. Dabei erklärt sich der Steuerberater bereit, sich für einen bestimmten Zeitraum nicht auf die Verjährung zu berufen.
Besonderheiten bei fortdauernden Mandatsverhältnissen
Bei laufenden Mandatsverhältnissen stellt sich oft die Frage, ob und wann ein Mandant Fehler seines Steuerberaters erkennen kann oder muss.
- Solange das Vertrauensverhältnis zum Steuerberater ungestört ist, muss der Mandant nicht aktiv nach Fehlern suchen
- Anders kann es sein, wenn bereits konkrete Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Beratung vorliegen
- Der Mandant kann sich bei fortbestehender Mandatsbeziehung grundsätzlich auf die Richtigkeit der Beratung verlassen
Diese Grundsätze können im Einzelfall dazu führen, dass die Verjährungsfrist später beginnt als zunächst angenommen.
Vorsätzliche Pflichtverletzungen und verlängerte Verjährungsfristen
Bei vorsätzlichen Pflichtverletzungen beträgt die Verjährungsfrist nicht drei, sondern zehn Jahre (bei einigen Ansprüchen sogar 30 Jahre) ab Entstehung des Anspruchs, unabhängig von der Kenntnis des Geschädigten.
Als vorsätzlich gilt eine Pflichtverletzung, wenn der Steuerberater wissentlich und willentlich gegen seine Beratungspflichten verstoßen hat. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn er bewusst unrichtige Angaben macht oder wichtige Informationen verschweigt.
Die Beweislast für eine vorsätzliche Pflichtverletzung trägt grundsätzlich der Mandant, was in der Praxis oft schwierig nachzuweisen ist. Allerdings hat der BGH eine sekundäre Darlegungslast des Steuerberaters bei der Verjährungseinrede anerkannt: Der Steuerberater muss substantiiert darlegen, wann der Mandant von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat.