Bundesweit wurden und werden zahlreiche Unternehmen und Selbstständige per Bescheid aufgefordert, erhaltene Corona-Soforthilfen zurückzubezahlen. Doch wie ist es um die rechtliche Wirksamkeit solcher Rückforderungen bestellt?
Inzwischen liegen erste gerichtliche Entscheidungen vor, von denen vor allem die des Verwaltungsgericht Düsseldorf aufhorchen lassen (VG Düsseldorf, Urteile vom 16.8.2022, Az.: 20 K 7488/20, 20 K 217/21 und 20 K 393/22). Darin wurde zugunsten der Kläger entschieden, dass sie die erhaltenen Soforthilfen in vollem Umfang behalten dürfen, da die Rückforderungsbescheide des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) rechtswidrig seien.
In den vom VG Düsseldorf stellvertretend für hunderte anhängige Verfahren entschiedenen drei Fällen wurden Bewilligungsbescheide über jeweils 9.000 Euro erteilt und entsprechend ausbezahlt. Während des Bewilligungsverfahrens im April und Mai 2020 gingen die Antragsteller auf Grund von Formulierungen in den vom Land bereit gestellten Hinweisen, Antragsvordrucken und Zuwendungsbescheiden davon aus, dass coronabedingte Umsatzausfälle für den Erhalt und das Behaltendürfen der Soforthilfen ausschlaggebend seien. Später erhielten die Empfänger nach Durchlaufen eines sog. Rückmeldeverfahrens Rückforderungsbescheide, wonach die Soforthilfe zu großen Teilen zurückzuzahlen seien. Begründet wurde dies mit einer Richtlinie des Wirtschaftsministeriums NRW, die Ende Mai 2020 rückwirkend in Kraft getreten war. Laut dieser Richtlinie dürfe die Soforthilfe nur behalten werden, wenn ein Verlust eingetreten war, also eine Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben.
Eine solche nachträgliche Änderung der Antragsvoraussetzungen war jedoch laut VG Düsseldorf nicht möglich. Die Soforthilfeempfänger durften anhand der ursprünglichen Informationslage davon ausgehen, die Soforthilfe wegen coronabedingter Umsatzausfälle ausgezahlt zu bekommen. Eine spätere „Klarstellung“, dass ein Umsatzrückgang nicht ausreicht, sondern es zu einem Verlust gekommen sein muss, sei für die Soforthilfeempfänger nicht verbindlich. Die Antragsformulare und Bewilligungsbescheide seien missverständlich formuliert. Ihnen war nicht konkret zu entnehmen, nach welchen Parametern eine Rückzahlung zu berechnen sei. Solche Unklarheiten gehen zulasten der Behörden.
Die Entscheidungen des VG Düsseldorf sind noch nicht rechtskräftig. NRW-weit sind rund 2.000 weitere Klageverfahren anhängig, so dass davon auszugehen ist, dass das Land NRW aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung in Berufung vor das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster gehen wird.
Römermann Rechtsanwälte berät und vertritt Sie!
Grundsätzlich binden Urteile nur die am Klageverfahren Beteiligten und haben keine Rechtswirkung für Dritte, selbst bei gleich gelagerten Fallkonstellationen. Sollten Sie von einer Rückforderung betroffen sein, kontaktieren Sie uns gerne. Aus unserer Sicht ist die Entscheidung des VG Düsseldorf für NRW, aber auch für Rückforderungsverfahren in anderen Bundesländern relevant. So erhalten derzeit u. a. in Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein etliche Soforthilfeempfänger die Aufforderung, erhaltene Soforthilfe ganz oder teilweise zurückzuzahlen. Wir können Sie unterstützen, rechtlich dagegen vorzugehen.